Welcher Lerntyp bin ich?

Attila MoserNews

Lerntyp - Was ist das?

Hätte man mich früher gefragt, was für ein Lerntyp ich denn wäre, hätte ich mit: "Auf jeden Fall ein schlechter!" geantwortet. In den 1970er Jahren stellte Frederic Vester eine Theorie auf, wonach der Mensch in vier verschiedene Lerntypen aufgeteilt werden kann. Diese Vier sollen im Bezug auf ihre Wahrnehmngskanäle, mehr oder weniger unveränderliche Neigungen haben, welche die Art des Lernens beeinflussen. Die Lerntypen-Theorie wird noch von vielen Menschen propagiert, obwohl es nur wenig wissenschaftliche Unterstützer gibt. Im Gegenteil, in den vergangenen Jahren sind immer mehr Artikel erschienen, welche die Lerntyptheorie widerlegen sollen. 

Frederic Vester hat mit seinem Lerntypkonzept die Bedeutsamkeit um die Existenz der Sinne und deren bewusster Einsatz beim Lernen,  vielen Menschen ins Bewusstsein gerufen. Schon John Locke schrieb im 17. Jahrhundert:

Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen war.

Wenn wir unsere 5 Sinne: Hören, Sehen, Tasten, Schmecken und Riechen betrachten,  dann ist die Idee von Vester nicht weit hergeholt. Jegliche Information, welche in unser Bewusstsein gelangt, ist durch einen oder mehrere dieser 5 Sinne hineingelangt.  Im Grunde genommen geht es darum, alle verfügbaren Sinne beim Lernen einzusetzen. Kritik am Lerntypenkonzept wird vor allem wegen der Unvollständigkeit, fehlender empirischer Belege und vor allem, wegen der festgesetzten, fast genetischen bedingt scheinenden These. 

Beim Lernen geht geht es darum, Informationen zu sammeln, zu speichern, sich daran erinnern, überprüfen und gegebenenfalls immer wieder neu zu strukturieren.

Auch wenn das Lerntypkonzept von Vester in den letzten Jahren durch neuere Studien und Publikationen in Frage gestellt wird, möchte ich diese vorstellen.

Welche Lerntypen gibt es?

Im Allgemeinen wird zwischen vier Lerntypen unterschieden:

  • Der Auditive - lernt vorwiegend durch das Hören von Informationen.
  • Der Visuelle - das Lesen und Schauen wird beim Lernen bevorzugt.
  • Der Motorische - durch Berühren, Ertasten und Anfassen klappt das Lernen am Besten.
  • Der Kommunikative - arbeitet am Liebsten in der Gruppe und führt informative Gespräche.

 

Der auditive Lerntyp

 

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Du hast sicher schon einmal das Wort "Audio" gehört. Dieser Begriff kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "ich höre". Das lässt sich leicht merken:

audio - ich höre - auditiv

Dieser Lerntyp kann besonders gut gehörte Informationen aufnehmen, sich merken und wiedergeben. Hörbücher, Vorträge und mündliche Präsentationen werden von ihm sinngemäß erfasst. Das Gehörte ergibt sofort Sinn und kann nachvollzogen werden.

Ohne mündliche Erörterungen kann der auditive Lerntyp mit Grafiken, Präsentationen und Tafelbildern meistens nicht viel anfangen.

Beim Lesen kann er nur erschwert die Konzentration halten bzw. benötigt er mehr Anstrengung das Gelesene zu verarbeiten.

 

Wie lernt der auditive Lerntyp? - Hier einige Tipps!

 

Atmosphäre - Auditive Lerntypen haben ihrer Natur gemäß eine höhere Sensibilität, was Geräusche betrifft. Deshalb ist es ratsam, für eine ruhige und störfreie Atmosphäre zu sorgen und jegliche Art von Ablenkung zu vermeiden.

Lautes Lesen - Die eigene Stimme beim Lesen zu hören, fördert die Aufnahme der Informationen. Außerdem wird im selben Zug die Aussprache trainiert. Das laute Vortragen von Vokabeln kurbelt ebenfalls die Fantasie an, so entstehen ebenfalls Merksätze oder Eselsbrücken.

Vortragen - Auch das mündliche Vortragen (z.B. vor einem Spiegel oder einen Familienmitglied) von Hausübungen oder Schulaufgaben, spielt dem auditiven Lerntyp zu. Und auch hier wird parallel das Vortragen und Präsentieren geübt, was im späteren Schulalltag oder im Beruf von Vorteil sein kann.

Aufzeichnen - Heutzutage hat jedes Handy, iPhone, PC oder jeder Laptop eine integriere Aufzeichnung-App. Verfasse einen Text zu dem Lernstoff und zeichne ihn auf. Am Abend vor dem Schlafengehen kann die Aufnahme angehört werden. Das wirkt wahre Wunder!

Selbstgespräche - Klingt wahrscheinlich erstmal ein wenig schräg aber es gibt einige Studien, welche sogar positive Effekte auf unsere seelische und mentale Verfassung belegen. Hier geht es jedoch um den Lernstoff. Fragen an sich Selbst, den Text oder das ganze Thema stellen und diese dann beantworten. Mit dem Thema spielen, lustige Beispiele erfinden oder auch ein ernstes, sind wirksame Methoden, sich komplexe Storys einzuprägen.

Der visuelle Lerntyp

 

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Das Wort "visuell" entstammt dem lateinischen Wort "videre" und bedeutet "sehen". Auch die englische Anlehnung an dieses Wort, sollte jeder kennen "video". 

videre - sehen - visuell

Der visuelle Lerntyp lernt am Besten, wenn ihm Informationen in Bild und Schrift dargeboten wird.  Grafiken, Bildpräsentationen und anspruchsvolle Diagramme kann er leicht entschlüsseln, merken und beschreiben. Das Lesen bereitet ihm meistens große Freude. Durch das bloße Anhören von Informationen, ohne bildliche Darstellung oder in  Schriftform, wird kein nachhaltiger Lernerfolg erzielt. Filme mögen sie besonders und können Szenerien detailgetreu wiedergeben. Im Gegensatz zu Hörbüchern. Hier fällt es schwer das Gehörte zusammenhängend und verständlich zu rekonstruieren. Der visuelle Lerntyp zeichnet sich gern kleine Merkzettel oder Bilder, die zum Lernstoff passen.

Was dem visuellen Lerntyp beim Lernen hilft:

 

Mit eigenen Worten - Ein Text zum Thema mit den eigenen Worten niederschreiben, denn das vorangegangene Lesen und das anschließende Schreiben mit eigenen Worten, sind für den visuellen Lerntyp außerordentlich effektiv. Verstärkt wir dieser Effekt, wenn in Druckschrift geschrieben wird.

Illustrationen - Egal um welches Thema es sich handelt, man wird in der heutigen Zeit immer irgendwo im Internet, Sachbüchern oder Fachzeitschriften etwas finden, was hilfreich sein kann. Bilder, Grafiken, Illustrationen und Veranschaulichen helfen dabei, sich ein Thema einzuprägen.

Skizzen - Mindmaps sind eine fantastische Methode, sich komplexe Themen und Verbindungen auf einem kleinen Stück Papier grafisch darzustellen. Mit Bildern, Symbolen und Schrift lassen sich viele Informationen und deren Zusammenhänge merken.

Dekorieren - Besonders bei Lernstoff, der schwierig zu merken ist, kann eine Umgestaltung des Zimmers zu einem Durchbruch werden. Von allen Seiten vom Lernstoff umgeben, fällt das Lernen nicht ganz so schwer. Selbstgefertigte Plakate, auf denen der gesamte Lernstoff zusammengefasst ist. Auch das Bekleben des Badezimmerspiegels oder Fenster  mit Vokabeln, Merksätzen oder Floskeln, sind hilfreiche Mittel.

Schreiben - Ob im Unterricht, bei einer Vorlesung oder sogar bei Dokumentationen... Das fleißige Mitschreiben zahlt sich aus, besonders wenn das geschriebene in einer ruhigen Zeit am Nachmittag oder Abend nochmal gelesen wird.

Karteikarten - Ein wunderbares Werkzeug beim Lernen. Besonders, wenn es um das Merken von Vokabeln, Formeln oder kurze Merksätze geht. Wenn die einzelnen Karten mit Symbolen, kleinen Skizzen oder Bildchen versehen werden, lernt der visuelle Lerntyp schneller und kann sich besser an sie erinnern.

Der motorische Lerntyp

 

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"learning by doing"  oder "lernen durch handeln", diesen Begriff kennt wahrscheinlich Jeder. Doch genau diese Floskel beschreibt den motorischen Lerntypen.

Motorik - Motor - Bewegung

Das Wort "Motorik" stammt vom lateinischen "Motor" ab und bedeutet Bewegung. Der motorische Lerntyp möchte am liebsten alles ausprobieren. Er benötigt den Bezug zur praktischen Anwendung und experimentiert, bis Sinn und Funktion verstanden wurden. Bewegung spielt dabei eine große Rolle, deshalb ist das Nachbauen, Ertasten und Verwendung in der Praxis für ihn.

Nicht jedes Thema kann auf diese Art gelernt werden, je lebhafter die Lerneinheiten jedoch gestaltet werden, desto besser und nachhaltiger ist der Lernerfolg.

Hier einige Lerntipps für den motorischen Lerntyp:

Anfassen - Das Miterleben eines Themas aus dem Lernstoff ist für den Praktiker primär wichtig. Zum Beispiel, wenn es um Gewichtsumrechnungen in der Mathematik geht, kann dies in der heimischen Küche beim Backen eines Kuchens geschehen. Aber auch in Rechtschreibung und Grammatik lassen sich motorisch Übungen einbauen z. B.: Scrapple oder Story Cubes. Vokabeln im Fremdsprachenunterricht können durch das Anfassen und Verwendung gefestigt werden. Zum Beispiel: "I'm drawing a picture.", während ein Bild gemalt wird. Experimentierkästen, selbstgebastelte Modelle, gemalte Bilder oder auch handwerklich gefertigte Dinge helfen dabei, den Lernstoff zu begreifen. Besuche in Museen oder Naturausflüge zum Thema passend, sind gute Alternativen zum Schulunterricht.

Bewegung - Der Versuch, jedes Thema in der praktischen Anwendung darzustellen, wird wahrscheinlich fehlschlagen. Bewegung ist eine geeignete Alternative, während sich mit dem Lernstoff auseinandergesetzt wird. Besonders in den höheren Schulstufen, wo Lerninhalte oft sehr lebensfern und theoretisch daherkommen. Ein kleiner Ball, der beim Lesen bzw. Lernen hin und wieder an die Wand geworfen wird oder rhythmisch auf dem Tisch trommeln usw. Auch hier sind Fantasie keine Grenzen gesetzt, Hauptsache  in Bewegung bleiben.

Verwendung - Der Austausch mit anderen Schülern, am Nachmittag daheim, via Zoom oder Skype ist eine gute Methode, um beispielsweise Fremdsprachen zu üben. Für jeden Lernenden ist die tägliche Verwendung einer Fremdsprache unabdingbar, damit sich ein zufriedenstellender Lernerfolg einstellen kann. Auch Lernplattformen wie Sofatutor eignen sich gut, um Lerninhalte interaktiv und multimedial näher zu bringen. Unterrichtsstoff sollte in jeder möglichen Form in den Alltag integriert werden.

Spielen - Wenn der Lernstoff es hergibt, sollte damit gespielt werden.

Der kommunikative Lerntyp

 

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Das Wort Kommunikation entstammt dem lateinischen Wort "communicatio" und bedeutet "Mitteilung". Es geht um den Austausch von Informationen.

Laust Vester lernt dieser Lerntyp am besten über Kommunikation. Lernstoff bleibt am besten hängen, wenn über ihn gesprochen wird.

Über das Gespräch können Informationen am besten gefiltert, geordnet und gespeichert werden.

Da in den meisten Unterrichtsformen und Studiengängen weniger die Kommunikation im Vordergrund steht, sondern mehr das Lesen und Schreiben, stößt dieser Lerntyp hier auf Probleme.

Das einsame Lernen ist für den kommunikativen Lerntypen eine Qual. Texte, Karteikarten oder plakative Illustrationen helfen ihm nicht viel.

Für ihn ist es schwierig, sich eine oder mehrere geeignete Lernmethoden zu finden.

Der kommunikative Lerntyp

Diskussion - Geht der Kommunikative in einen Dialog, in dem über Lernstoffrelevantes gesprochen wird, so baut dieser eine Beziehung zu dem Thema auf und kann neue Verknüpfungen aufbauen. Idealer Weise wird aus verschiedenen Standpunkten diskutiert und sich mit Texten bzw. Themen kritisch auseinander gesetzt. Auch auf Seminaren, Schulungen oder Lehrveranstaltungen, sollte sich der kommunikative Lerntyp aktiv beteiligen, wenn es die Besucherzahl zulässt. Fragen stellen und zufriedenstellend beantworten lassen. Wer fragt gewinnt! 

Lerngruppen - GemeinsameTreffen, in denen gemeinsam ein Stoff abgearbeitet wird, gehören zu wirksamen Methoden.

Selbstgespräche - So wie beim auditiven Lerntypen, gehören auch bei Diesem Selbstgespräche zum Werkzeugkasten. Einen Vortrag an sich selbst gerichtet, Fragen und Antworten usw.

Frage & Antwort - Spielerisch könnte auch ein Quiz mit Klassen- oder Schulkameraden rund um ein Thema veranstaltet werden.

Resümee

An einigen Universitäten werden die vier Lerntypen in ihrer ursprünglichen Form nach Vester unterrichtet, an anderen gelten sie als überholt und an einigen werden sie als gänzlich falsch bezeichnet. Es gibt ebenfalls neuere Ansätze, welche die Lerntypen nicht komplett widerlegen, sondern lediglich Ergänzungen und Erweiterungen beschreiben.

Noch immer bewegen sich Wissenschaftler beim Erforschen des menschlichen Gehirns oft auf Neuland. Jedes Jahr kommen neue Erkenntnisse oder wissenschaftliche Entdeckungen zum Vorschein und jeder Lernende, Unterrichtende und Elternteil sollte etwas Zeit mit dieser Thematik verbringen.  

Was bleibt?

In jedem Fall solltest du dich nicht auf einen Lerntypen beschränken lassen, sondern dir vielmehr das ganze Spektrum zu eigen machen und probieren. Die Methode, mit welcher du die besten Lernergebnisse erzielst, sollte gepflegt und stetig erweitert werden. Lernstrategien und Lernmethoden spielen eine wichtigere Rolle, als das eingefahren wirkende Lerntypenkonzept. 

Außerdem speichert unser Gehirn nicht unbedingt nach der Art der Wissens- bzw. Informationsaufnahme. Die Bedeutung einer Information und die Motivation, also das (Warum möchte ich das lernen?) hat den Vorrang!

Merke dir folgenden Merksatz: Information + Emotion = Langzeitgedächtnis.

Und darum geht es beim Lernen, Informationen auf dem kürzesten und schnellsten Weg ins Langzeitgedächtnis zu bekommen.

In meinem Artikel über verschiedene Lernstrategien kannst du dir weitere Tipps holen.

Wie ungünstige Lernstrategien die Lernmotivation beeinflussen!

   

Wenn du einen Test machen möchtest, um festzustellen, zu welchen Lerntypen du gehören würdest, dann kannst du das hier tun:        Lerntyp-Test

Attila Moser international anerkannter Diplomierter Legasthenie - und Dyskalkulietrainer und Lerndidaktiker

Ich hoffe, dir ein paar wenige wertvolle Tipps habe geben können.

Wenn du Fragen hast oder mich kontaktieren möchtest, kannst mir eine Nachricht über das Kontaktformular senden oder einen Telefontermin vereinbaren.

Gerne helfe ich dir dabei, deine eigene Lernstrategie zu entwickeln.

LG Attila

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